Die Landesvereinigung Baden in Europa e.V. wurde 1992, also im Jahr des 40-jährigen Bestehens von Baden-Württemberg, in der ehemaligen Landeshauptstadt Karlsruhe gegründet. Ihre vorrangigen Ziele damals wie heute: Sie will die badische Indentität erhalten und auf dem Fundament der badischen Geschichte die Entwicklung des westlichen Landesteils vorantreiben.

Ein Stand der Landesvereinigung bei einer Unterschriftensammlung. Hier der 1. Vorsitzende Mürb im Gespräch mit dem inzwischen verstorbenen Ehrenvorsitzenden Reinhold Grund.

Schon die Gründerväter, an ihrer Spitze der im September 1999 verstorbene Karlsruhe Altstadtrat Reinhold Grund, setzten auf das große Potenzial und die herausragende Lage Badens. Sie waren sich bewusst, dass dieser europäischen Kernregion am Oberrhein mit ihren engen Verflechtungen über die Ländergrenzen hinweg eine besondere Rolle zukommt, die von großem Nutzen für ganz Baden-Württemberg sein kann. Der europäische Aspekt floss auf diese Weise beinahe zwangsläufig in den Namen der Bürgerinitiative ein. Die Anliegen dieses Raumes gegenüber der Landesregierung mit Nachdruck zu vertreten und gleichzeitig die freundschaftliche Zusammenarbeit mit den Regionen jenseits des Rheins zu intensivieren, stehen ganz oben unter den Aufgaben der Landesvereinigung.

Als die überparteiliche Bürgerinitiative aus der Taufe gehoben wurde, stand die Erfahrung Pate, dass man die Zukunft des badischen Landesteils nicht allein der Landespolitik überlassen darf. Die Badener müssen die Dinge selbst in die Hand nehmen. Die Landesvereinigung sieht sich in besonderer Weise durch den überzogenen zentralistischen Kurs herausgefordert, den Landesregierung und Landtag seit Jahren steuern. Er führte zu einer ungesunden Massierung von Landesbehörden, Institutionen und Verbänden in Stuttgart, denen die Hauptverwaltungen von Banken, Versicherungen und anderen Einrichtungen – oft mit Unterstützung der Landesregierung – folgten. Dieser einseitige Prozess schadet nicht nur dem ganzen Land, sondern der unter Ballungssymptomen leidenden Landeshauptstadt selbst.

Der verstorbene Ehrenvorsitzende, Gründungsmitglied und Karlsruhe Altstadtrat Reinhold Grund

Dahinter steht eine geradezu missionarischem Eifer betrieben Fusionswelle, also die Zusammenlegung großer Institutionen aus beiden Landesteilen. Ihr Hauptsitz landet in aller Regel am mittleren Neckar. Am Ende solcher Entwicklungen steht Stuttgart stets als Gewinner da, Baden und besonders Karlsruhe haben das Nachsehen, kritisiert die Landesvereinigung und fordert die umgehende Beendigung des Zentralismus. Seine Folgen für die betroffenen Städte, nicht nur Verluste an Zentralität, Arbeitsplätzen und Steuern, sondern auch schwindende Chancengleichheit. Die Rundfunk- und die Bankenfusion stehen dafür als abschreckende Beispiele.

Angesichts solcher Ungleichgewichte ist in Baden-Württemberg eine Schieflage entstanden, unter der außer der Raum Mittlerer Neckar alle Regionen zu leiden haben. Sie zeigt sich auch in der unausgewogenen Zuteilung von Landesmitteln auf nahezu allen Gebieten. Das „Hauptstadtdenken“ st offensichtlich. Solch krasse Missverhältnisse müssen endlich korrigiert und die Regionen des Landes, entsprechend ihrer Bedeutung gleichrangig gefördert werden. Die Landesvereinigung Baden hat ihre Vorstellung dazu längst auf den Punkt gebracht: „Baden-Württemberg ist mehr als Stuttgart – ein Bundesland braucht mehrere Zentren“ ist der Titel eines im Juli 1998 verabschiedeten Memorandums an Landesregierung und Landtag. Sie fordert darin „eine Abkehr von der Politik des Zentralismus hin zu einer ausgewogenen Stärkung aller Regionen des Landes. Die konsequente Anwendung des förderalistischen Prinzips muss absoluten Vorrang haben“. Sie fordert weiter die Entwicklung langfristiger Gesamtkonzepte. Um sie umzusetzen muss der Landesentwicklungsplan – unter Berücksichtigung der Eigenständigkeit und der Identität der Regionen – fortgeschrieben werden.

Hinter diesen Forderungen stehen die Unterschriften von über 50 000 Bürgern aus allen Teilen des Landes. Sie haben bei der in mehreren badischen Städten durchgeführten Unterschriftenaktionen ihren Protest artikuliert und sich mit den Anliegen der Landesvereinigung solidarisch erklärt. Sie sind Ausdruck einer Stimmungslage, die von der Landespolitik lange Zeit nicht erkannt und deshalb vernachlässigt wurde. Darüber hinaus stützt sich die Landesvereinigung auf die breite Basis von über 11 000 Mitgliedern - ein starker Rückhalt für die Durchsetzung badischer Interessen gegenüber der Landesregierung.

In der Bevölkerung ist die Landesvereinigung als Sprachrohr für Baden längst erkannt. Diese Rückendeckung zeigt auch in Stuttgart offensichtlich Wirkung. Die Bürgerinitiative ist zu einem gefragten Gesprächspartner im ständigen Dialog mit Mitgliedern der Landesregierung und führenden Politikern des Landtags geworden. Erste positive Ergebnisse haben sich dabei eingestellt. Sie ermutigen die Landesvereinigung, ihren bisherigen Kurs konsequent zu halten: Als Anwalt für die berechtigten Interessen Badens weiter hartnäckig zu streiten.